(22.09.2023) Derbytime in der Handball-Nordrheinliga: Der BTB Aachen erwartet am Samstag den HC Weiden im Gillesbachtal. Die Trainer Simon Breuer-Herzog und Marc Schlingensief äußern sich im Interview mit der Aachener Zeitung.
Auch wenn es wie gewohnt nur zwei Punkte gibt, sind die Derbys doch immer wieder das Salz in der Suppe. Zumindest für die Zuschauer und auch für die Spieler, die sich alle meist gut untereinander kennen. Die Trainer gehen die Lokalduelle eher nüchtern an. Erstmals in der neuen Saison der Handball-Nordrheinliga treffen der BTB Aachen, mit 4:4 Punkten auf Rang zehn, und der HC Weiden, mit 5:3 Zählern Vierter, am Samstag ab 20:00 Uhr im Gillesbachtal aufeinander. Mit BTB-Coach Simon Breuer-Herzog und Marc Schlingensief (Weiden) sprach Helga Raue.
Herr Breuer-Herzog, Sie taten sich mit der Definition des Saisonziels vor dem Saisonstart etwas schwer. Wie sieht es aus?
Simon Breuer-Herzog: Unser Ziel ist, so schnell wie möglich den Klassenerhalt zu sichern. Wenn man wie wir in der vergangenen Saison lange unten stand und auch die Vorbereitung auf die neue Saison suboptimal lief, kann das Ziel nur lauten, den Klassenerhalt so schnell wie möglich einzufahren. Die Personalprobleme haben sich ja schon durch die vergangene Rückrunde gezogen, die Vorbereitung beeinträchtigt und macht uns auch momentan zu schaffen. Wir wollen so früh wie möglich so viel wie möglich punkten. Und dann werden wir in der Winterpause schauen, was geht. Bisher sind noch alle Teams eng beieinander, da ist noch vieles möglich.
Und wie sieht es beim HC Weiden aus, Herr Schlingensief?
Marc Schlingensief: Auch unser Ziel ist, den Klassenerhalt schnellstmöglich zu sichern. Die Liga ist deutlich ausgeglichener als in der vergangenen Saison, das kann man nach vier Spieltagen schon sagen. Da gibt es keine klaren Kandidaten für den Auf- oder Abstieg. Aktuell ist nur noch Bonn verlustpunktfrei, zwischen Rang vier und zehn ist nur ein Punkt Unterschied. Bisher war Woche für Woche Bewegung in der Tabelle.
Und wie fällt Ihre Zwischenbilanz nach den ersten vier Spielen aus?
Schlingensief: Momentan können wir ganz gut damit leben, wie wir gestartet sind. Die erste Bilanz fällt eher positiv aus, wir haben nur gegen den Tabellenführer verloren. Und der Punkt am ersten Spieltag in Rheinhausen war nicht eingeplant. Es darf gerne so weitergehen.
Breuer-Herzog: Wir haben von den ersten vier Spielen zwei gewonnen und zwei verloren – und wir haben gegen die Teams gewonnen, gegen die wir in der vergangenen Saison verloren haben und umgekehrt. Das zeigt, wie eng und knapp es in der Liga zugeht. So ein Spiel wie vergangenen Freitag beim Bergischen HC ist sehr ärgerlich, kann aber vorkommen. Wir haben da einen ganz schlechten Tag erwischt, aber auch so etwas gehört zu einer Saison dazu, wenn uns auch die vertane Chance ärgert. Mehr habe ich mich allerdings über die erste Niederlage zu Hause gegen Remscheid geärgert, da wir das Spiel durch unsere hohe Fehlerquote unnötig hergeschenkt haben. Andererseits haben wir es dann gegen Essen II sehr gut gemacht. Ich denke, das war unser bestes Spiel, seit ich Trainer bin.
Wie sieht es denn in dieser Saison bezogen auf den Kader personell aus?
Breuer-Herzog: Wir hatten einige Abgänge, wobei uns Spieler wie Felix Saive-Pinkall, Christoph Uerlings oder Robin Bleuel vergangene Saison auch schon nur noch ausgeholfen haben. Sie haben wie Oliver Rückels und Keeper Marc Borceaux ihre Karrieren beendet. Und mit Rückkehrer Peer Dosch ins Tor und Milan Monteiro Pai haben wir nur zwei Zugänge. Es ist kein großer Kader, zumal aktuell noch einige Spieler Verletzungen auskurieren.
Schlingensief: Wir hatten keine so gravierenden Änderungen in der Mannschaft wie im vergangenen Jahr, der Großteil ist weiter dabei. Insgesamt sind wir mit den Zugängen breiter aufgestellt. Wir hatten bisher zwei, drei Ausfälle, aber klagen bringt ja nichts (lacht).
Und wie sieht es personell vor dem Derby aus?
Breuer-Herzog: Keine Ahnung! Es gib Fragezeichen hinter Daniel Oslender, Carsten Jacobs und Len Kepp, die erkrankt sind. Selbst wenn sie wieder spielen können, fehlt es sicherlich an Kraft. Zudem hat sich Simon Bock im letzten Spiel verletzt. Ich muss abwarten, wer sich fit meldet. Das macht die Vorbereitung auf das Derby gerade spannend, weil immer etwas anderes ist. Es ist aber auch frustrierend, nicht nur vor diesem Spiel: Ich lege mir einen Plan zurecht und werfe ihn dann immer wieder über den Haufen.
Schlingensief: Felix Richter (Adduktorenzerrung) fällt aus, zudem fehlt Tim Boesel (Urlaub). Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Jonas Scheidtweiler, der sich verletzt hat. Das wäre natürlich ein schwerwiegender Ausfall für uns.
Gegner HC Weiden – wie stufen Sie ihn in dieser Saison ein?
Breuer-Herzog: Mein Kollege hat eine gute Mannschaft, die zum Großteil zusammengeblieben ist. Zudem hat sich Weiden in der Breite gut verstärkt. Mit Keeper Bobo Bayer und Andreas Micke haben auch schon mehrfach ‚alte Hasen‘, die aufgehört hatten, wieder gespielt. Und mit Sven Xhonneux haben sie einen Top-Mann im Team, der in einer anderen Liga spielen würde, wenn er sich nicht früh verletzt hätte. Seine bisherige Trefferquote spricht für sich. Ich denke, der HC ist stärker als in der vergangenen Saison – man ist immer stärker, wenn man noch einen Linkshänder wie Xhonneux dazubekommt, wenn man vorher keinen hatte. Der Rückraum ist gewohnt stark besetzt, spielt ein 6:0-System.
Gegner BTB Aachen – wie stufen Sie ihn diese Saison ein?
Schlingensief: Sagt man nicht, angeschlagene Boxer sind gefährlich? Der BTB war gut gestartet, hat aber zuletzt beim Bergischen HC einen Schuss vor den Bug bekommen. Ich habe das Spiel im Video gesehen, da hatte kein Spieler Normalform. Ich gehe auf keinen Fall davon aus, dass Aachen gegen uns auch so auftritt. Davor hat der BTB gegen TuSEM Essen überzeugt – wir wissen also, was auf uns zukommt.
Die Derbys sind ja immer – so auch vergangene Saison – etwas Besonderes.
Breuer-Herzog: Auf jeden Fall ist es das für die Zuschauer und Spieler. Man kennt sich meist seit vielen Jahren gut, da freut man sich auf die Spiele gegeneinander. Im vergangenen Jahr sind die Lokalduelle nicht so gut für uns gelaufen, auch wenn wir das Heimspiel nur knapp mit 23:24 verloren haben.
Schlingensief: (lacht) Für uns sind die vergangenen Saisons alle positiv gelaufen, wir haben alle Derbys, nimmt man das Kreispokal-Finale dazu, gewonnen. Aber gerade im Gillesbachtal stand das Spiel Spitz auf Knopf. Wir waren nach hinten raus schlechter als der BTB, hatten aber das Spielglück auf unserer Seite. Und ja, auch wenn es drei Euro ins Phrasenschwein kostet, der Pokal hat seine eigenen Gesetze, zudem hatte Aachen an dem Abend sehr viele Ausfälle. Unter dem Strich würde ich aber sagen, dass wir nach drei Derbysiegen vergangene Saison diesmal einen kleinen psychologischen Vorteil haben.
Und wie schätzen Sie Ihren Gegner in dieser Saison ein?
Schlingensief: Ich denke, der BTB ist noch in der Findungsphase. Mit Oliver Rückels hat Aachen seinen Abwehrchef verloren und muss sich gerade hier noch finden. Insgesamt wurde der Rückraum in der Breite und Tiefe verstärkt. Es ist sehr interessant, wie das zusammengreift. So trifft Simon Bock momentan sehr viel, Tim Schalle dafür nicht. Ich hoffe, dass sich das nicht gerade an diesem Wochenende ändert. Aber wir sind gewappnet. Ich denke, der BTB wird uns vom Anpfiff an beschäftigen.
Breuer-Herzog: Weiden ist ein Gegner, gegen den wir uns grundsätzlich schwertun, der uns nicht so liegt, da er sehr kompakt und massiv verteidigt. Das wird für uns schwierig, da wir nicht so die Rückraumschützen haben.
Die Halle Gillesbachtal ist ziemlich speziell. Ein Vorteil für die Gastgeber?
Schlingensief: Die Halle ist für alle etwas Besonderes, die Mannschaft und die Zuschauer. Und wir wissen, dass der BTB sehr heimstark ist.
Breuer-Herzog: Grundsätzlich sind wir heimstärker, freuen uns, zu Hause im „Gilles“ im ersten Derby Gastgeber zu sein.
Und wie wird das erste Derby 2023/24 laufen und enden?
Breuer-Herzog: Das ist schwer zu sagen, es hängt viel davon ab, wer spielen kann und wer fehlt. Vor allem, da wir nicht die richtige Vorbereitung auf dieses Spiel haben. Das Derby wird auf jeden Fall sehr umkämpft sein, um jeden Zentimeter wird gefightet werden. Es wird auch viel von der Torhüterleistung abhängen, im vergangenen Jahr überragte Bobo Bayer im HC-Tor. Und ich hoffe auf den einen oder anderen guten Wurf von uns.
Schlingensief: Wahrscheinlich ist wie vergangene Saison kein hochklassiges Spiel zu erwarten, es wird eng und umkämpft zugehen. Entscheidend wird auch sein, wie der Schiri mit seinen Karten umgeht. Denn wir haben schon eine robuste und läuferisch starke Abwehr. Aber für die Unparteiischen ist es auch schwer, einen raus zu schicken, da das Kollektiv gut verteidigt. Wir müssen unsere Abwehr spielerisch zur Geltung bringen und dann auf einfache Tore nach vorne setzen. Ich denke, es wird entscheidend sein, wer die bessere Tagesform sowie die bessere Taktik in Angriff und Abwehr hat.
(Text und Foto: AZ)