(04.09.2022) Unglaublicher Jubel auf der einen, große Enttäuschung auf der anderen Seite. Die Gemütszustände konnten unterschiedlicher nicht sein nach dieser packenden Begegnung. Fünf Sekunden vor dem Ende erzielte Sven Xhonneux mit seinem Wurf auf das leere Gästetor den 25:24-Siegtreffer für den HC Weiden 2018 gegen die HSG Refrath/Hand.
Doch bis zum Erfolg beim Heimauftakt war es ein langer und steiniger Weg für den HCW. Das stark verjüngte Team von Neu-Coach Marc Schlingensief legte zwar durch Scheidtweiler und Fiedler mit 1:0 (4.) und 2:1 (6.) vor, dies sollten allerdings die einzigen Führungen für die Gastgeber bleiben – bis kurz vor dem Schlusspfiff.
Die HSG, in der vergangenen Spielzeit verdient als Oberligameister in die Nordrheinliga aufgestiegen, erwies sich als der erwartet schwere Gegner. Das von Christopher Braun und Dennis Marquardt trainierte Team erwischte eine glänzende Anfangsviertelstunde, während die Weidener äußerst nervös ins Spiel starteten. So stand nach 18 gespielten Minuten ein 3:9 auf der Anzeigetafel. Schlingensief kommentierte dies so: „Wir haben zu Beginn keinen Zugriff auf den starken Gäste-Rückraum bekommen und produzieren vorne reihenweise technische Fehler. Darüber hinaus fehlte etwas die Durchschlagskraft oder wir scheitern am starken Kierdorf im Gästetor.“
Der Coach griff sodann in die Taktik-Trickkiste und stellte seine Abwehr auf eine offensivere 5:1-Formation um. Torwart Tobias „Bobo“ Bayer gab zudem den nötigen Rückhalt und parierte unter anderem zwei Siebenmeter.
Auch das fachkundige Weidener Publikum inklusive des Jugend-Fanblocks merkte, dass das Team Unterstützung benötigte und trieb die Mannschaft unermüdlich an. In der Offensive wurden nun gute Chancen kreiert und auch besser genutzt. Der HC erzielte durch Scheidtweiler den 10:11-Anschlusstreffer (29.), der gleichzeitig den Halbzeitstand bedeutete.
Zu Beginn der zweiten Hälfte stand die HC-Defensive sicher, doch Kierdorf erwies sich weiterhin als schwer zu überwinden. Zwar gelang zunächst der Ausgleich zum 11:11 (34.) durch Scheidtweiler, der mit acht Treffern bester Weidener Torschütze des Abends werden sollte, doch in der Folge konnte die HSG immer wieder vorlegen. Über 11:14 (37.), 16:19 (46.) und 20:23 (56.) sah alles nach einem Premierensieg für die in schwarz gekleideten Gäste aus.
Doch angetrieben von einer grandiosen Kulisse, die Schlingensief im Interview nach dem Spiel als einen „Mosaikstein“ für die Wende bezeichnete, zeigte das junge HC-Team Moral. In der Crunchtime wurden viele richtige Entscheidungen getroffen, so etwa der Kempa-Treffer durch Neuzugang Paul Fiedler oder gut ausgespielte 7:6-Situationen. Zudem bewiesen Xhonneux und wiederum Scheidtweiler Nervenstärke vom Siebenmeterstrich. Eine knappe Minute vor dem Ende war das Spiel somit wieder ausgeglichen – 24:24 (59.).
Dann agierte der HC in Überzahl mutig mit einer offensiven Abwehrformation gegen die HSG-Haupttorschützen Niehaus und Funke. Daraus resultierte ein Ballgewinn, den Xhonneux wie eingangs beschrieben unter dem lautstarken Jubel der Heimfans im Fallen ins leere Gästetor versenkte – 25:24!
Schlingensief war nach dem Spiel sichtlich geschafft, aber überglücklich: „Wir waren am Anfang sehr nervös und scheitern zu oft an uns selbst. Entscheidend war am Ende sicherlich die bärenstarke Moral und das gute Entscheidungsverhalten in der Schlussphase.“ Die zwei Punkte nimmt der Coach gerne mit, er kündigte aber bereits unmittelbar nach dem Spiel an, dass über die Art und Weise zu sprechen sein wird: „Heute genießen wir den Sieg. Über das Wie werden wir beim Training reden und daran arbeiten, dass wir besser aus den Startlöchern kommen.“
Sein Kollege Christopher Braun sprach nach der Begegnung von „Lehrgeld“, welches sein in der Nordrheinliga unerfahrenes Team in der Crunchtime zahlen musste. Dennoch großen Respekt an die Spielgemeinschaft aus dem Bergischen, die mit einer solchen Leistung wohl recht wenig mit dem Abstiegskampf zu tun haben wird.
Am nächsten Samstag steht für den HC dann die schwere Auswärtsaufgabe bei interaktiv. Handball auf dem Programm. Anwurf ist um 18:00 Uhr in Ratingen (Gothaer Straße 23, 40880 Ratingen). Beim Aufstiegsfavoriten, der sich zum Saisonauftakt knapp gegen den TV Korschenbroich durchsetzte, ist der Fusionsklub klarer Außenseiter. Nach dem Sieg im ersten Spiel können Scheidtweiler & Co. allerdings befreit aufspielen, was dem Team schon oft gut zu Gesicht stand.
HC Weiden: Bayer, Tombach – Scheidtweiler (8/1), Xhonneux (6/1), Fiedler (4), Boesel, Floßbach (je 3), Gerke (1), Kemper, Eich, Richter, Eissa, Bergerhausen, Debye