(08.04.2024) Wahnsinn: So lautete der meist verwendete Begriff während und nach dem Handball-Kreispokalfinale. Manchmal kam von den 400 Fans und den ausrichtenden Sportlern auch der Zusatz: „Das ist der helle Wahnsinn.“ Ein Spiel zwischen zwei Nordrheinligisten, das in die Geschichte des lokalen Handballsports eingehen wird. Sieger wurde der HC Weiden, der nach dem notwendig gewordenen Siebenmeter-Werfen mit 41:40 gegen den BTB Aachen gewann.
Es war ein Finale, das schon zur Halbzeit so gut wie entschieden schien. Und zwar für den BTB. Die Mannschaft von Trainer Simon Breuer-Herzog führte nach einem Sturmlauf in der „Hölle West“ mit 24:15. Da glaubte selbst das 84-jährige Handball-Urgestein Fritz Schotten nicht mehr an einen Sieg der Heimmannschaft. „Das muss man anerkennen. Der BTB macht das hervorragend, und Weiden hat keine guten Torhüter heute“, urteilte der langjährige Boss des HC.
Bis zum 11:9 für die Burtscheider konnte die von Marc Schlingensief trainierte Weidener Sieben noch mithalten, dann explodierte der BTB förmlich. Über 16:11 arbeiteten sich der ausgezeichnete Burtscheider Torhüter Peer Dosch und seine Kollegen zum Neun-Tore-Vorsprung nach 30 Minuten. Weidens Deckung offenbarte Unzulänglichkeiten. Dem Abwehrverband gelang es nicht, mal einen unhaltbaren „Schuss“ des BTB zu entschärfen. Dem stand brutale Effektivität des Teams von Breuer-Herzog gegenüber.
Auch in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit sah es noch nicht nach einer Wende aus, obwohl die Weidener frenetisch von ihrer A-Jugend und deren Trommeln zur Attacke gerufen wurden. In der letzten Viertelstunde schrumpfte der Abstand von mittlerweile nur noch sechs Treffern kontinuierlich. Nach 50 Minuten (31:28) spürte der in der Liga vor dem BTB stehende HC: Da geht noch was. Und tatsächlich stand es in der 56. Minute 34:33 für Weiden. „Meine Mannschaft hat sich grandios in dieses Spiel zurück gekämpft“, analysierte Schlingensief das Spiel. In dem hatte Weiden in der ersten Halbzeit „keinen Zugriff auf den BTB gehabt“, meinte der HC-Coach, der seinen Torhüter Tom Keller mit einem Sonderlob bedachte.
Erst 5 Sekunden vor Spielende schaffte der BTB noch den Ausgleich und erzwang damit das Siebenmeter-Werfen. Nach der Schlusssirene stand ein fast schon unglaublich anmutendes 36:36 zu Buche. Ein Siebenmeter-Werfen, das Pendant zum „Elfmeterschießen“ im Fußball, musste her. Das gewannen die Männer um Trainer Marc Schlingensief mit 5:4, obwohl man die ersten beiden Siebenmeter-Würfe schon „verknallt“ hatte und es kurz nach einem BTB-Triumph aussah. Aber Tom Keller im HC-Tor schaffte es tatsächlich, drei Siebenmeter zu halten.
Schlingensief meinte: „Irgendwie tut mir der BTB auch etwas leid.“ Breuer-Herzogs Gefühlslage war zwar geknickt, aber der Trainer fasste sich doch relativ schnell wieder. „Wir haben sehr gut angefangen und Weiden hat unüblicherweise nicht aggressiv in der Abwehr gestanden“, fasste er seine Eindrücke zusammen. „Meiner Mannschaft muss ich vorhalten, dass wir in der zweiten Halbzeit nicht mehr so viel zustande bekommen haben. Im Angriff lief es nicht mehr so, und auch defensiv konnten wir nicht das Niveau der ersten Halbzeit halten“, dachte Breuer aber schon an die nächstjährige Pokalausrichtung: „Da versuchen wir es dann wieder.“
Noch am Sonntagmorgen hatte Weidens Coach Marc Schlingensief keine Stimme mehr und konnte nur noch krächzen. „Wir hatten uns in der ersten Halbzeit etwas von aufkommender Hektik leiten lassen und erst in der zweiten Halbzeit so richtig zu unserem Spiel gefunden. Das war teilweise Wahnsinn, was geleistet wurde“, hofft Schlingensief, seine Mannschaft möge den Pokalsieg auch als zusätzliche Motivation für die verbleibenden Ligaspiele mitnehmen.
BTB-Torschützen: Bock (13/4), Schnalle (8), Monteiro (8/1), Wudtke (3), Oslender (2), Kepp, Bockmann (je 2/1), Horn, Mattner
Weidens Torschützen: Meurer, Scheidtweiler (je 7/1), Bergerhausen (6/3), Xhonneux (4/1), J. Frauenrath (3/1), Wolff, Eich (je 3), Kemper, Bösel, Fiedler, K. Frauenrath (2)
(Text und Bild: AZ)