(13.03.2022) Dieses Drehbuch hätte selbst Steven Spielberg nicht besser und dramatischer schreiben können: Am Ende eines turbulenten Aufeinandertreffens zweier Mannschaften im Abstiegskampf parierte David Rüttgers wenige Sekunden vor dem Schlusspfiff einen Siebenmeter der Gäste und hielt den eminent wichtigen Weidener Erfolg fest.
Doch von Beginn an: Einige Weidener Fans schauten erstaunt auf die Starting-Seven des Fusionsklubs. Mit Sven Xhonneux stand etwas überraschend ein enorm talentierter, leider in der Vergangenheit von Verletzung gebeutelter, Youngster von Beginn an auf der Platte. Das Spiel begann sofort mit viel Einsatz. Nach nicht ein mal 40 Sekunden sah Oliver Dziendziol auf Seiten der HSG Siebengebirge die erste Zeitstrafe aufgrund eines überharten Einsteigens gegen HCW-Kapitän Benedikt Beckers, der kurze Zeit später mit seinem verwandelten Strafwurf für die 1:0-Führung (2.) sorgte. Bereits in der 6. Spielminute mussten die Weidener einen schweren Ausfall verkraften, denn Kreisläufer und Abwehrhüne Timo Floßbach sah eine zumindest umstrittene rote Karte. Auch der zweite Kreisläufer, Timo Wolff, sah bereits in der 10. Minute seine zweite Zeitstrafe, was Trainer Andreas Heckhausen zu einer Umstellung in der Abwehr veranlasste. Die Gäste nutzten die entstehenden Überzahlsituationen geschickt und kamen insbesondere über die Außenpositionen zum Erfolg. So blieb die HSG über 3:4 (7.), 7:9 (16.) und 11:12 (23.) immer leicht in Front. Die Weidener blieben dran, ließen jedoch in der zweiten Welle einige Chancen liegen. Timo Wolff erzielte nach schönem Anspiel von Niclas Eich den 12:12-Ausgleichstreffer (24.) und der aus der zweiten Mannschaft aushelfende Tim Meurer tankte sich kraftvoll zur umjubelten 13:12-Führung durch (26.). Die Siebengebirgler blieben dran, mit dem Halbzeitpfiff erzielte der gut aufgelegte Islam Eissa jedoch die erneute Weidener Führung. Beim Stand von 15:14 wurden die Seiten gewechselt.
In der Halbzeit erschien überraschenderweise der eigentlich beruflich fehlende Top-Torschütze Simon Bock von der Arbeit und streifte den Weidener Dress über. Den besseren Start in den zweiten Durchgang erwischten allerdings die Gäste, die in der 35. Minute wieder in Führung gingen – 15:16. Der HC-Motor stockte etwas, Tim Meurer erlöste die Weidener Fans mit seinem Treffer zum 16:16 (36.). Dann musste der HC erneut einen personellen Rückschlag verkraften: Timo Wolff sah seine dritte Zeitstrafe und war fortan zum Zuschauen verdammt. Ohne Kreisläufer und zwei Abwehrspezialisten war nun die Moral der Weidener gefragt. Die in ungewohnter Aufstellung agierende 5:1-Deckung ackerte mächtig und David Rüttgers im Kasten konnte sich nun mehrfach auszeichnen. Dennoch blieb die HSG zunächst vorne und konnte den Vorsprung bis zum 20:21 rund zehn Minuten vor dem Ende halten. In der Crunch-Time schaltete der HCW nochmal einen Gang höher, der immer stärker werdende Rüttgers leitete einige Gegenstöße ein. So erzielte Neuzugang Eissa mit einem sehenswerten Heber die Weidener Führung – 22:21 (53.). Die Halle an der Parkstraße stand Kopf. Nach jeweils einer Auszeit beider Mannschaften ging es hin und her. Beim Stand von 24:24 (56.) stand das Spiel auf des Messers Schneide. Auf den Plätzen hielt es schon längst niemanden mehr. Dann erzielte Simon Bock zwei wichtige Treffer zur Weidener 26:24-Führung (58.). Niclas Eich wurde auf der ungewohnten Kreisläufer-Position ein Siebenmeter verwehrt, der wohl die Entscheidung bedeutet hätte. Nun wurde es richtig dramatisch: Jonas Scheidtweiler wurde mit einer Zeitstrafe des Feldes verwiesen und die HSG spielte die Überzahl erneut souverän aus – 26:25. HCW-Coach Heckhausen legte rund eine Minute vor dem Schlusspfiff die grüne Karte und sagte den letzten Spielzug an. Bock kam aus aussichtsreicher Position unter Zeitspiel zum Wurf, der Ball landete jedoch am Pfosten und von dort im Aus. Der HSG blieben noch ca. 30 Sekunden für den Ausgleichstreffer. Die Weidener Deckung kassierte in Unterzahl einen Siebenmeterpfiff. HSG-Kapitän Dziendziol trat nur wenige Sekunden vor dem Ende gegen David Rüttgers an. Dieser parierte stark und was folgte war unglaublicher Jubel in der prall gefüllten „Hölle West“, die ihrem Namen an diesem denkwürdigen Abend mehr als gerecht wurde!
Nach der Begegnung war Andreas Heckhausen entsprechend erleichtert, dass die erste Aufgabe der Mission „Klassenerhalt“ erfolgreich gelöst wurde: „Das war ein hart erarbeiteter Heimsieg gegen einen ebenbürtigen Gast. Kein Team hatte es verdient zu verlieren. An Stimmung und Kampf war das ein absoluter Leckerbissen. Wir bedanken uns bei den treuen Anhängern für die frenetische Unterstützung. Sie wurden mit einem wahren Handballkrimi belohnt. Wie das Team trotz der personellen Umstände immer wieder die richtigen Lösungen fand, war beeindruckend.“ Einen großer Dank richtete der Cheftrainer auch an die Weidener Zweitvertretung: „Andrew Akintunde, Tim Meurer und vor allen Dingen Linkshänder Sven Xhonneux haben den geschwächten Kader überragend unterstützt. Wie anhand der Torschützen erkennbar ist, war der Sieg nur durch eine geschlossene Mannschaftsleistung möglich, wenngleich David Rüttgers am Ende zum gefeierten Helden avancierte.“
Bereits am kommenden Dienstag steht das nächste wichtige Spiel für den HC Weiden auf dem Plan. Gegen den Tabellenvorletzten SG Langenfeld (7:23-Punkte) geht es erneut um zwei wichtige Zähler im Kampf gegen den Abstieg. Der zweite Schritt der Mission „Klassenerhalt“ soll folgen.
HC Weiden: Rüttgers, Bayer – Beckers (5/2), Eissa (4), Xhonneux (3), Bock (3/1), Scheidtweiler, Wolff, Micke, Eich, Meurer (je 2), Floßbach (1), Akintunde, Bergerhausen